Das Bieramt in Nürnberg ist eine echte Stadtverführung: In der Kneipe erleben Gäste fränkische Bierkultur in historischer Kulisse.

Der Platz rund um das Tiergärtnertor gilt als einer der schönsten Orte, um in Nürnberg draußen zu sitzen. Hier ist das Bierlokal „Bieramt“ zu Hause. Zwischen historischen Fachwerkhäusern mit Blick auf die alte Stadtmauer geht es um gute regionale Biere – und fränkische Kultur.

Bier-Amt, Nuernberg
Foto ©Bayern.by-Gert Krautbauer

Stimmengewirr hängt in der Luft. Fränkische Mundart mischt sich mit anderen deutschen Dialekten und Sprachen aus aller Welt. Zwei junge Männer spielen Gitarre, dazu singt ein Mädchen. Eltern spielen mit ihren Kindern, nebenan unterhält sich lachend ein älteres Ehepaar. Durchbrochen wird die Klangkulisse vom Ruf der Blumenhändler, die ihre Ware anpreisen: Auf dem historischen Tiergärtnertorplatz in Nürnberg pulsiert das Leben wie auf einer Piazza im Süden.

Zufrieden beobachtet Boris Braun das Spektakel: „Ich arbeite da, wo andere Urlaub machen“, sagt er stolz. Von Anfang an schon ist er fest mit dabei im Bieramt in Nürnberg. 2008 wurde das Bierlokal in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Fuhrmannstube mit Pferdetränke eröffnet. Gelegen in unmittelbarer Nachbarschaft des Albrecht-Dürer-Hauses, unterhalb der Nürnberger Burg, steht es an einem der schönsten, historisch erhaltenen Orte Nürnbergs: dem Tiergärtnertorplatz.

Hier treffen Familien auf Singles, Jung auf Alt, Einheimische auf Gäste. Jeder ist willkommen und darf den Blick auf die Nürnberger Stadtmauer und die schönen, alten Häuser mit ihrem Fachwerk genießen. Doch es sind nicht nur die besondere Stimmung und die schöne Kulisse, die im Sommer bis zu 500 Leute auf den Tiergärtnertorplatz locken. Auch das Bieramt zieht Nürnberger und Gäste aus aller Welt an. Denn hier finden sie eine ganz besondere Stadtverführung: ein Bierlokal, das ausschließlich fränkische Biere anbietet.

Heimische Bierkultur in historischer Kulisse erleben

Was für eine Auswahl: 18 bis 20 feste Sorten auf der Karte können die Gäste im Bieramt probieren. Jede Woche sucht Mitarbeiter Boris Braun zudem zwei wechselnde Fassbiere aus – ein Helles und ein Dunkles. Allein das sind 80 weitere verschiedene Biere im Jahr, allesamt von fränkischen Brauereien. Bier hat hier Tradition – immerhin hat Franken mit rund 300 Brauereien die höchste Brauereidichte der Welt. Vom Ellinger Schlossgold über Reckendorfer Pils bis hin zum Metzgerbräu Uetzing gibt es die verschiedensten Geschmackssorten zu entdecken. Das kommt an: „Im Sommer ist hier sehr viel los“, sagt Boris Braun. Teilweise stehen die Leute dann auch mal zehn Minuten in der Warteschlange. In dem Lokal gilt draußen Selbstbedienung – ganz nach dem Motto: abholen, hinsetzen, genießen.

Dass die fränkischen Biere so gut von den Gästen angenommen werden, freut wohl niemanden mehr als Boris Braun: „Bier braucht Heimat“, sagt er überzeugt. Aus diesem Grund war für ihn und Christoph Zielke, Inhaber des Bieramts, von Anfang an klar: Es geht darum, die heimische Bierkultur zu fördern. „Wir wollen den kleinen, unbekannten Brauereien eine Plattform bieten. Einheitsbrei gibt es genug“, erklärt Boris Braun. Vor allem die unfiltrierten, handwerklich hergestellten Biere haben es dem 54-Jährigen angetan. Eben die Biere direkt aus der Region. „Wenn man Bier um die halbe Welt kutschiert, wird es nicht besser“, sagt er bestimmt.

Boris Braun: Bier-Chronist für Frankens Gerstensaft

Wenn es um das gebraute Gold geht, macht Boris Braun so schnell niemand etwas vor: Er ist Autor des „Brauns Brauerei Atlas Franken“ und damit der fränkische Bier-Experte schlechthin. 300 fränkische Brauereien sind in dem Buch verzeichnet. Alle davon hat er persönlich besucht und fast alle Biere selbst probiert. Mittlerweile gibt es den Atlas sogar als App für alle Brauereien Deutschlands. „Mir ist es ein Bedürfnis, den Leuten zu zeigen, wo es gutes Bier gibt“, erklärt Boris Braun.

Als Christoph Zielke ihn 2008 fragt, ob er mit an Bord des Bier-Lokals geht, zögert er deshalb keine Sekunde. Nicht nur weil er da schon längst Stammgast im Wanderer ist, der an das Bieramt angeschlossenen Café Bar. Ihm geht es auch um seinen Wunsch, den schönen Tiergärtnertorplatz wiederzubeleben.

Treffpunkt für Einheimische und Gäste wiederbelebt

Dieser Platz war zuvor jahrelang mehr oder weniger tot: Die Stadt Nürnberg hatte kurzerhand ein Alkoholverbot verhängt, weil die Menschen ihn in Beschlag nahmen, mit ihren Getränkekästen kamen und zu laut für die Bewohner waren. Mit dem Bieramt hat sich dieses Bild geändert: Entspannt sitzen die Menschen zusammen, genießen fränkische Biere, Einheimische kommen mit Gästen ins Gespräch. „Uns Franken wird ja nachgesagt, eher reserviert zu sein, hier gilt das allerdings nicht“, sagt Boris Braun und lacht. Und tatsächlich: Auf dem Tiergärtnertorplatz vor dem Bieramt quatscht jeder mit jedem.

Und damit wird klar, dass es beim Bieramt um viel mehr geht, als nur um heimische Bierkultur. Hier finden die Gäste einen Treffpunkt mit jahrhundertealter Geschichte. Im Bieramt wird ein Stück fränkische Identität erlebbar. Dafür sorgen Menschen wie Bier-Chronist Boris Braun und die Stammgäste, die wie eine Familie sind und jeden herzlich aufnehmen.

Selbst die Räumlichkeiten sind untrennbar mit der Geschichte der Stadt Nürnberg verbunden: Die alte Stadtmauer verläuft durch das Gemäuer. Liebevoll wurde es so hergerichtet, dass es Historie und Modernität an einem Platz vereint. So passt es perfekt zu Nürnberg, der „modernen Großstadt mit historischem Hintergrund“, wie Boris Braun sagt.

Selbst der Name, der Café Bar „Wanderer“ mit ihrer Erweiterung „Bieramt“ ist eng mit der Geschichte der Stadt verbunden: „Das Bieramt liegt gegenüber des Geburtshauses von Albrecht Dürer, den wir in Nürnberg alle gottgleich verehren“, erzählt Boris Braun. Weil alles rund um den Platz den Namen des berühmtesten Sohnes der Stadt trägt, haben sie sich etwas anderes einfallen lassen. Inspiriert wurden sie dabei von einem Gemälde von Friedrich Wilhelm Wanderer. Darauf sind Albrecht Dürer und andere Nürnberger Altmeister verewigt. Es gefällt ihnen so gut, dass sie den Namen für die Café Bar adaptieren. Dieser hat sogar einen doppelten Sinn: „Jeder, der zu uns kommt, ist ein bisschen gewandert: Wir liegen oben am Hang unterhalb der Nürnberger Burg“, sagt Boris Braun.

Und er könnte noch viel mehr erzählen, über die Gemeinschaft auf dem Tiergärtnertorplatz, über Nürnberg und über Franken. Ein Leben ohne die geliebte Heimat, das kann er sich genauso wenig vorstellen, wie ein Leben ohne Bier. Wer will, kann ihn selbst danach fragen: Jeden Mittwoch steht Boris Braun im Bieramt hinter dem Tresen.

Persönlicher Tipp von Boris Braun:
Richtig schön ist es im Kulturgarten – einem Biergarten mitten in der Stadt mit 500 malerischen Sitzplätzen und feinen Landbieren. Meine persönliche Lieblingsveranstaltung ist das Bardentreffen in der gesamten Innenstadt, mit acht großen und unzähligen kleinen Bühnen. Europas größtes Freiluftweltmusikkonzert mit rund 300.000 Besuchern findet einmal im Jahr statt. Termin ist immer ein komplettes Wochenende von Freitag bis Sonntag um den Monatswechsel Juli/August.

Bildquelle: The Bieramt in Nuremberg © www.bayern.by – Gert Krautbauer

Wenn die Musikanten aufspielen und sich die Menge im Rhythmus bewegt, erwacht die alpenländische und gesamt-bayerische Tanz-Musik-Kultur wieder zum Leben – und damit ein wichtiger Teil heimische Tradition.

Der Kocherlball am Chinesischen Turm im Englischen Garten in Muenchen
Foto ©Bayern.by-Gert Krautbauer

München im Morgengrauen. Über dem Chinesischen Turm im Englischen Garten geht die Sonne auf. Langsam füllt sich der Platz in dem Biergarten: Jung und Alt, Einheimische, Zugereiste und Gäste aus aller Welt setzen sich an die großen Tische und packen ihre mitgebrachte Brotzeit aus. Die Atmosphäre ist zünftig, bayerisch, einzigartig: Viele führen ihre Dirndl und Lederhosen aus. Vorne auf der Bühne steht Katharina Mayer und atmet tief durch. Gleich spielen die Musikanten auf. Das ist ihr Einsatz: Mit den ersten Klängen beginnt sie sich zu drehen, zu wiegen, mit der Blasmusik zu verschmelzen. Als Tanzmeisterin tanzt sie den Menschen vor, lädt sie zum mitzumachen beim Kocherlball ein. Und immer mehr Besucher folgen ihrer Aufforderung und wirbeln mit – bei Bayerns größter und beliebtester Freiluft-Tanzveranstaltung.

Der Bayerische Tanz hat im Freistaat eine lange Tradition. Auf Dorffesten im Bierzelt, bei Hochzeiten, Geburtstagen oder offiziellen Festen wie Maitänze, zur Kirchweih oder zu „Kathrein“: Überall nutzen die Menschen die Gelegenheit, um im Takt der Live-Musik miteinander über den Tanzboden zu wirbeln. Sie tanzen Figurentänze mit unterschiedlicher Abfolge wie bei der Sternpolka oder Rundtänze, bei denen es keine bestimmten Figuren gibt wie beim Walzer und beim Zwiefachen.

Dabei mischt sich alles zusammen: Kleidungsstile, Generationen, Gesellschaftsschichten, unterschiedliche Kulturen. Da tanzt der Anwalt mit dem Bauern, der Gast mit dem Ur-Münchner. Ein großer Spaß, bei dem es nicht darum geht, eine Show zu bieten: „Beim bayrischen Tanzen geht es um den gemeinsamen Genuss an geschmeidiger Bewegung in der Musik. Einfach mit den mitreißenden Klängen der Life-Musik verschmelzen – das ist wunderbar“, schwärmt Katharina Mayer.

Genau das macht für sie den großen Reiz an der Tanzkultur des Freistaats aus: Jeder, der gehen kann, kann auch mitmachen. Einmal zuschauen und selbst loslegen: „Der bayerische Tanz ist ein sehr einfacher Partnertanz. Die melodische Musik führt und begleitet die Bewegung von Körper und Füßen. Beispielsweise dreht der Herr die Dame, beide wiegen sich, oder sie tanzen im Wechselschritt ‚auseinand‘ und wieder ‚zam‘. Dabei kann man gegenüber, hintereinander, voreinander stehen oder wandert auf dem Tanzboden umeinander herum.“

Kocherlball in München: Der Biergarten wird zum Tanzboden

Die alpenländische Tanz-Musik-Kultur des vergangenen Jahrhunderts ist ein wichtiges Stück bayerischer Traditionen und bis heute gelebte Identität. So hat auch der berühmte Kocherlball in München seinen Ursprung im 19. Jahrhundert (um 1880). „Kocherl“ – so werden damals die Köchinnen genannt: Jeden Sonntag im Sommer verabreden sich bis zu 5.000 Hausangestellte inoffiziell im Englischen Garten. In aller Herrgottsfrüh von fünf bis acht Uhr vergnügen sich Köchinnen, Laufburschen, Kindermädchen und Hausdiener beim Bayerischen Tanz, bevor sie wieder ihren Dienst bei den höheren Herrschaften antreten müssen. Bis die Kirche die Veranstaltung im Jahr 1904 aus „Mangel an Sittlichkeit“ verbietet.

Lange Zeit verstauben die überlieferten Tänze und Musikstücke in den Archiven. Katharina Mayer erklärt: „Die bayerische Tradition ist stark mit der christlichen Kultur verbunden. Deshalb wurde das Tanzen durch die Kirchentradition reglementiert und domestiziert. Das hat dem bayerischen Tanz lange ein biederes und altbackenes Image eingebracht. Er ist eingeschlafen und ging fast verloren“, erzählt sie.

Auch der Kocherlball wird erst 1989 – zum zweihundertjährigen Bestehen des Englischen Gartens – wieder zum Leben erweckt. Seither kommen jedes Jahr Menschen aus den verschiedensten Ecken Bayerns und der Welt zusammen, um an einem Sonntag im Juli unter dem Chinesischen Turm miteinander zu tanzen. Bei starkem Regen findet der Ball eine Woche später statt.

Auf der Suche nach ursprünglichen bayerischen Volksweisen und Tänzen

Die Menschen haben die alpenländische und gesamt-bayerische Festkultur wieder für sich entdeckt. Und mit ihr die alten Tänze und die überlieferte Musik. Bayern tanzt leidenschaftlich – die junge Generation genauso, wie die alte. Auf dem Land wie auch in der Stadt treffen sich die Menschen auf Tanzböden.

Für Katharina Mayer ist das auch der beharrlichen Arbeit ihres Vaters Wolfgang A. Mayer zu verdanken: Der ehemalige Volksmusikforscher und -pfleger am „Institut für Volkskunde” der „Akademie der Wissenschaften“ in München hat sein Leben den traditionellen bayerischen Liedern, Tänzen und Musikstücken gewidmet. „Wie ein Schatzsucher machte er sich in den vergangenen 50 Jahren im gesamten bayerischsprachigen Raum auf die Suche. In den Dörfern zeichnete er überlieferte Musik, Lieder und Tänze auf. Dabei war er immer zu Fuß unterwegs, ganz nah an den Menschen“, erzählt Katharina Mayer. Doch ihr Vater bleibt nie nur bei der Feldforschung: Leidenschaftlich verbreitet er die ursprünglichen Tänze weiter und unterrichtet sie mit viel Geschick.

Begeistert für den Bayerischen Tanz hat ihn seine Frau. Sie begleitet ihn auf Feldforschungen und Lehrgängen. Auf Festen im Freistaat leitet sie andere zum Tanzen an – sogar hochschwanger mit Katharina Mayer im Bauch. „Der Bayerische Tanz wurde mir also im wahrsten Sinne des Wortes in die Wiege gelegt“, sagt die heute 40-Jährige und lacht: „Tanzen ist für mich wie eine Muttersprache“.

Bayerischer Tanz: Jeder ist willkommen

Eine Sprache, die Katharina Mayer selbst begeistert weitergibt – als Tanzmeisterin bei Hochzeiten, privaten Festen, Firmenveranstaltungen, Tänzen in Wirtshäusern oder Events wie dem Kocherlball. Sie hat sich der Aufgabe verschrieben, den Menschen die Freude am Volkstanz zu vermitteln. Dabei mag die aufgeweckte Frau den Begriff „Volkstanz“ nicht: „Alle, die sich in der volkskulturellen Szene engagieren, sprechen lieber vom bayerischen oder alpenländischen Tanz“, erklärt sie. Dieser Begriff drückt besser aus, was sie darunter versteht – nämlich eine bayerische Tanzkultur, die jeden dazu einlädt, mitzutanzen. „Egal, ob Einheimischer, Zugereister oder Gast: Alle sind willkommen. Bayerischer Tanz kennt keine Grenzen“, sagt Katharina Mayer bestimmt.

Und sie könnte noch viel mehr erzählen über die vielen traditionellen bayerischen Tänze mit ihren schwungvollen Schritten und schönen Figuren. Am liebsten legt sie mit den Menschen zusammen aber einfach los – und tanzt. Zum Beispiel bei kostenlosen Tanzstunden. Die bietet das Münchner Kulturreferat jedes Jahr vor dem Kocherlball an. Zu Live-Musik können Einsteiger, Fortgeschrittene und alle Interessierten die Schritte mit ihr üben.

Einfach hingehen, mitmachen – und beim Gehen, Drehen, Klatschen, Stampfen und Springen ein vergnügliches Stück bayerischer Tradition erleben und weiterleben.

Persönliche Tipps von Katharina Mayer:

Viele Veranstaltungen listet Katharina Mayer auf ihrer Homepage www.tanzart.eu auf. Auf https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Kulturreferat/Volkskultur.html finden Interessierte alle Termine, die das Kulturreferat München veranstaltet. Und einen allgemeinen Kalender für Tanzveranstaltungen in Bayern gibt`s auf www.volxmusik.de.

Bildquelle: Der Kocherlball am Chinesischen Turm im Englischen Garten in Muenchen © www.bayern.by – Gert Krautbauer

Früher trugen es bayerische Bäuerinnen als Unterkleid. Ab dem 19. Jahrhundert entwickelt sich daraus ein bequemes Freizeitkleid für die städtische Oberschicht. Heute sind Dirndl Kult. Monika Hoede von der Trachtenberatungsstelle in Krumbach weiß um deren besondere Geschichte.

Pracht der Tracht: Trachtenkulturberatung Monika Hoede © www.bayern.by – Tobias Gerber

Eine kleine Gruppe von elf Personen betritt das historische Gebäude. Es stammt aus der Zeit um 1800. Sie besuchen die Trachtenberatungsstelle in Krumbach. Hier möchten sie lernen und sich fortbilden. Passend dazu befindet sich neben dem Vortragsraum eine Bibliothek zu Kleidungskunde und Trachtenforschung. Die Gäste finden sich in prächtigen und großzügigen Räumen wieder. Sie sind auf dem Weg zur hauseigenen Schneiderwerkstatt. Zwischen Bügelanlage und Industrienähmaschine sucht sich jeder einen eigenen Tisch und nimmt Platz. Nach einer Vorbesprechung mit dem Kursleiter geht es nun ans Nähen: Die Gäste fertigen ein Dirndl nach Maßschnitt.

Figurschmeichler Dirndl: die Anfänge

Früher tragen Bäuerinnen einen körpernahen Tragmiederrock als Unterkleid für ihre Tracht. Um 1870 entwickelt sich aus der Unterwäsche der Landbevölkerung ein freizeittaugliches Kleid: Die städtische Oberschicht, die ihre Urlaube in der bayerischen Natur verbringt, greift das Gewand auf und verfeinert dessen Form – entstanden ist das Dirndl, wie es heute jeder kennt und liebt. „Genau genommen haben sich die feinen Leute aus der Stadt also in Untergewändern präsentiert – und wurden auch dementsprechend von der Landbevölkerung belächelt“, erzählt Monika Hoede schmunzelnd. Die 54-Jährige ist als Trachtenberaterin bei der Trachtenkulturberatung für den Bezirk Schwaben tätig. Die Expertin kennt sich mit traditionellen Gewändern aus und weiß, aus welchen Einzelteilen und Stoffen sie bestehen.

Im Gegensatz zur klassischen Tracht sind beim Dirndl Rock und Oberteil miteinander verbunden. Es ist sehr körperbetont und tief ausgeschnitten. Darunter trägt Frau eine Bluse, darüber eine Schürze. „Was ich ganz spannend finde, ist die Tatsache, dass sich der figurnahe Schnitt und die Form des Dekolletés in historisch belegten Miederformen wiederfindet“, sagt die Trachtenberaterin. Aus welchen Materialien das Kleid genäht ist, kommt auf den Anlass an, zu dem es getragen wird. Während die Frauen für ihr Freizeitkleid damals zu pflegeleichteren Stoffen wie Baumwolle greifen, ist das Festtagsdirndl heute gut und gerne aus Wollbrokat und Seide gefertigt. „In der Kriegszeit mussten sie nehmen, was da war, zum Beispiel Bettwäschestoffe. Karierte Dirndl waren damals sehr in Mode“, erklärt Monika Hoede. „Heutzutage ist es den Jugendlichen extrem wichtig, dass die Stoffe glänzen, insbesondere die der Schürze.“ 

Pracht der Tracht: für jeden Anlass gut gekleidet

Wer sein Dirndl-Outfit aufwerten möchte, hat von Borten und Rüschen bis hin zum klassischen Dirndlschmuck die Qual der Wahl. Eine außergewöhnliche Spielform, mit der es sich ebenfalls kombinieren lässt, ist bestickter Organza, ein sehr transparentes und je nach Material auch schillerndes Gewebe. Auf ein Detail dürfte aber vor allem die Männerwelt besonderes Augenmerk legen: wie die Schürzenschleife gebunden ist. Denn diese verrät viel über die jeweilige Trägerin: Ziert sie deren linke Körperhälfte, ist die Dame ledig. Sitzt die Dirndl-Schleife rechts, ist sie liiert oder gar verheiratet. Befindet sich die Schleife vorne, ist die Trägerin der Tradition nach noch Jungfrau. Ist sie hinten, bedeutet das entweder, die Frau ist Kellnerin oder verwitwet. Früher binden die Trachtenfrauen die Schürzenschleife hinten oder vorne in der Mitte, sie haben die Schleifensprache nicht benötigt. Dezentere Details wie die Zierformen oder Farben der Tracht haben mehr über ihren Stand verraten.

Monika Hoede ist es ein Rätsel, warum das Dirndl heute wieder in Mode ist: „Vielleicht waren es Fußballergattinnen, die ein bisschen Ausschnitt zeigen und auffallen wollten“, mutmaßt sie und lacht. Ob auf Volksfesten, Kirchweihen oder in der Oper: Gibt es etwas zu feiern, holen die Mädchen und Damen ihr Dirndl aus dem Schrank. „Wer eine edlere Variante wählt, ist immer passend gekleidet (…). Der braucht sich kein Abendkleid zu besorgen“, so Monika Hoede. Im Vordergrund steht dabei nicht etwa der modische Aspekt, sondern das Brauchtum. Denn das Dirndl ist vor allem eins: Ausdruck des bayerischen Lebensgefühls. Auch in vielen Wirtshäusern und Berghütten tragen Bedienungen heute noch ganz selbstverständlich Tracht. Traditionelle Kleidung ist authentisch und gehört zu Bayern einfach dazu. Auch Monika Hoede trägt die besonderen Kleider oft und gerne, zum Beispiel im Arbeitsalltag. Was sie am Dirndl besonders fasziniert: dass es kaum von der traditionellen Tracht abweicht. Sie will das klassische Trachtenkleid wieder bewusster machen und Gehör dafür finden: „Ich möchte zeigen, dass die Kleidung damals schon genau so hochwertig, ausgetüftelt und ausgereift war wie die von heute“, sagt die Trachtenberaterin.

Faszination Tracht erforschen

Als Schneidermeisterin und studierte Volkskundlerin landet Monika Hoede 1999 bei der Trachtenberatungsstelle in Krumbach. Ihre Doppelqualifikation hat sich über die Jahre bewährt: Als Schneiderin habe sie einen ganz anderen Blick auf historische Teile. Bei der Trachtenkulturberatung erhalten Interessierte praktische Hilfe und Unterstützung zu allen Fragen rund um die Kleidungskultur in Schwaben. „Ich erforsche Tracht, dokumentiere sie und bringe das Wissen darüber auf vielfältige Art unter die Leute“, sagt sie. In Seminaren, Kursen und Veranstaltungen für Laien und Profis begeben sich die Gäste auf Spurensuche: Sie betrachten die Trachtenmode etwa unter dem Aspekt verschiedener Epochen. Oder lernen Hutschachteln zu nähen und Posamentenknöpfe zu wickeln. „Wir verkaufen Schnitte und Maßschnitte zum Nachnähen und bieten auch Druckkurse an“, erzählt Monika Hoede. Sie persönlich gibt wenige Kurse – sie bildet lieber die Kursleiter heran.

Tracht nachnähen – das macht Monika Hoede an ihrer Arbeit besonders viel Spaß. „Wir haben dieses Jahr das erste Mal ein Dirndl – ein ‚schwäbisches Mädle-G´wand’ (…) kreiert und uns hierfür eine ganz klassische schwäbische Tracht als Vorbild genommen“, erzählt sie. Hierfür orientiert sich die Trachtenberaterin an der Zierform des historischen Mieders und übernimmt vom Dirndl nur die Rockverarbeitung und praktische Anteile wie etwa große Eingriffstaschen. Goldschmiede gießen ihr traditionelle Miederhaken nach. Stoffweber versorgen sie mit Stoffen nach alten Vorbildern. Das Ergebnis überrascht Monika Hoede jedes Mal aufs Neue: „Es ist faszinierend, wie bequem die Kleidung ist, wenn man sie authentisch näht und so nah wie möglich am Original bleibt.“ Das Dirndl ist eben nicht nur moderner Hingucker, sondern auch ein Gewand mit Wohlfühlfaktor.

Persönliche Tipps von Monika Hoede:

Sehr schön bei uns in Günzburg sind die historische Innenstadt mit ihrem Marktplatz und ihrer Kirche sowie das Schloss mit seinem Museum. Oder besuchen Sie das Guntiafest immer Ende Juni: Das wird von regionalen Vereinen organisiert. Die ganze Innenstadt ist belebt. Erwähnenswert ist auch die Stoffenrieder Kreisheimatstube – ein Museum mit einer kleinen Bierbrauerei. In Krumbach empfehle ich unsere Trachtenberatungsstelle, die Innenstadt und das Wasserschloss, in dem die Volksmusikberatung des Bezirks Schwaben ihren Sitz hat. Am Legoland kommt in unserer Region keiner vorbei. Es bietet reizvolle Spielplätze für Kinder. Relativ unbekannt ist das orthodoxe Kloster in Autenried im Schloss mit seinem Ikonenmuseum. Es versprüht einen einmaligen Charme. In Markt Wald gibt es eine „Kolonie von Musikern“, zum Beispiel einen Harfen- und Geigenbauer, die Instrumentenbaukurse anbieten. Und zwar nicht nur vor Ort: Sie kommen etwa auch nach Stoffenried.

Bildquelle: Pracht der Tracht: Trachtenkulturberatung Monika Hoede © www.bayern.by – Tobias Gerber

Bereits in den frühen Morgenstunden strömen Aromen von frischgebackenem Brot, Schokolade und Gewürzen durch die Straßen von Dachsbach. Der Duft führt zur Backstube Erbel – einer der ältesten Backstuben Deutschlands. Hier bereiten die Mitarbeiter und Auszubildenden das Gebäck für den Tag vor. Allen voran Bäckermeister Arnd Erbel: In zwölfter Generation führt er den im Jahre 1680 gegründeten Familienbetrieb. Nach bewährten traditionellen Rezepten zaubert er bayerische Produkte und bringt auf den Tisch, was bereits vor mehr als 250 Jahren im Freistaat leidenschaftlich verzehrt wurde.

Freibaecker Arnd Erbel, Dachsbach
Foto ©Bayern.by-Gert Krautbauer

Bayerische Breze und ihre Mythen

Viele seiner Backwaren haben in Bayern Tradition – wie die Lebkuchen, das Gebildebrot oder die Breze. Gerade sie wird mit Bayern im In- und Ausland in Verbindung gebracht. Doch um ihre Herkunft reihen sich viele Geschichten: Eine Legende besagt, dass im Jahr 610 ein Mönch in einem südfranzösischen Kloster die erste Breze in der Fastenzeit gebacken haben soll. Dabei symbolisiert die Form des Gebäcks die gekreuzten Arme beim Beten. Laut einer anderen Sage ist die Breze ein Nachfolger des Ringbrotes und geht auf das 11. Jahrhundert zurück.

Trotz unterschiedlicher Entstehungsgeschichten: Die älteste Breze finden Archäologen tatsächlich in Bayern. Mit weniger Fett als in anderen Regionen Deutschlands, dicken Ärmchen und einer gerissenen Oberfläche gehört die Breze seither zur bayerischen Brotzeit. Das weiß auch Arnd Erbel und backt sie täglich nach altbewährtem Rezept für seine Kunden. Er erhält die bayerische Backtradition, entwickelt sie durch eigene Ideen stetig weiter und verleiht ihr so seine eigene Note.

Freibäcker mit Leib und Seele

Der Bäckermeister bereitet seine Produkte mit Nachhaltigkeit zu, er fühlt mit ihnen. Für Arnd Erbel ist seine tägliche Arbeit weitaus mehr als ein Beruf – sie ist sein Leben. Das zeigt sich bereits bei der Auswahl der Zutaten: Statt sein Mehl liefern zu lassen, geht er selbst mit aufs Feld. „Ich zittere, freue mich und leide mit dem Getreide, je nachdem, ob das Wetter mitspielt und das Korn gut wird“, sagt der Bäckermeister. Unterschiedliche Witterungen, verschiedene Jahreszeiten – Arnd Erbel nimmt das Korn, das ihm zur Verfügung steht und verzichtet auf standardisiertes Mehl.

Bewährtes Backhandwerk – damals wie heute

Er ist Freibäcker – als einziger darf er diesen Titel in Deutschland führen. Das bedeutet, er setzt eigene Maßstäbe und ist unabhängig. Frei von Zutatenlisten mit Zusatzstoffen – Arnd Erbel folgt rein seiner Intuition und seinen Sinnen. Selbst bei der Zubereitung schwimmt er gegen den Strom: Er verzichtet in seiner Backstube auf moderne Maschinen.

Den Teig mit den Händen fühlen, die einzelnen Zutaten erschmecken, die Wärme der Öfen auf der Haut spüren: „Das sind schönste sinnliche Wahrnehmungen“, erzählt Arnd Erbel begeistert. Er hält an den bewährten Methoden seiner Vorfahren fest. Kostbares, traditionelles Wissen, das er auch an seine Auszubildenden weitergibt. Und so erleben die Besucher in seiner traditionellen Bäckerei eine kleine Zeitreise. Eine Reise der Liebe zum Produkt mit höchstem kulinarischem Anspruch und unwiderstehlichen Aromen.

Backkunst in aller Munde: vom Kleinkind bis zum Sternekoch

Seine Backwaren sind mehr als reine Geschmackssache: Arnd Erbels Liebe zum Detail und die Qualität der Backwerke erfreuen längst auch viele Gäste in Sternerestaurants. Darauf ist der Bäckermeister stolz.

Ob Kinder, Senioren oder Sterneköche machen für den Freibäcker jedoch keinen Unterschied. Arnd Erbel ist es wichtig, dass es all seinen Kunden schmeckt. „Für mich ist die positive Resonanz die wahre Motivation, ähnlich wie der Applaus für einen Künstler.“ Und das ist er auch: ein Künstler, der die Schätze des bayerischen Backhandwerks für die nächsten Generationen bewahrt und seine Gäste mit jedem Krümel daran teilhaben lässt.

Bildquelle: Freibäcker Arnd Erbel, Dachsbach © www.bayern.by – Gert Krautbauer

Bayerische Wurst: Von der Nürnberger Rostbratwurst bis hin zum Allgäuer Wild – vier leidenschaftliche Wurstmacher aus vier Regionen zeigen ihr Handwerk.

Bayerische Wurst- und Fleischwaren erfreuen sich auch jenseits des Freistaats großer Beliebtheit. Jede Region besticht durch ihre ganz eigenen Spezialitäten. Vier Wurstmacher zeigen ihr Handwerk und gewähren auf einem kulinarischen Streifzug Einblicke in Bayerns traditionelle Wurstküchen.

Metzgerei Ursula Sedlmayr in Garmisch © www.bayern.by – Tobias Gerber

Bayerische Gerichte sind traditionsreich und vielfältig. Vor allem Wurst- und Fleischspezialitäten sind aus der herzhaften Heimatküche nicht mehr wegzudenken. Sie gehören im Biergarten zu einer zünftigen Brotzeit einfach dazu. Gemütlich essen und genießen: Das ist es, was das typisch bayerische Lebensgefühl ausmacht.

Gezuzelt, nicht geschnitten: die Original Münchner Weißwurst

Kalbsfleisch, etwas Schweinefleisch, Schweinespeck und -schwarte wandern in den Fleischwolf. Im Kutter entsteht aus der vorzerkleinerten Masse anschließend feines Brät. Immer wieder kommt Eis hinzu. Es verhindert, dass das Eiweiß verbrennt und sorgt dafür, dass sich Kalbsfleisch und Speck ideal verbinden. Fehlen nur noch Gewürze, Petersilie und Zitronenabrieb, ehe Metzgermeister Andreas Jung das Brät in Schweinedärme füllt. Zuletzt gibt er die Würste in siedendes Wasser. Fertig ist sie – die auf der ganzen Welt berühmte Original Münchner Weißwurst.

Wie die Weißwurst richtig verzehrt wird? Darum ranken sich viele Mythen. Die Urform ist das Zuzeln – die Bayern schwören darauf: Dazu nimmt der Wursthungrige die Köstlichkeit in die Hand, beißt auf deren Haut, saugt das Wurstfleisch heraus – und genießt. Wer es einfacher bevorzugt, greift zu Messer und Gabel. Doch es geht auch außergewöhnlich: „Ich habe schon die schlimmsten Dinge gesehen, zum Beispiel Leute, die die Würste mit Tabasco und Ketchup essen“, erzählt Andreas Jung kopfschüttelnd.

Das Gasthaus „Zum Spöckmeier“ am Münchner Marienplatz zählt zu den ältesten der Stadt. Seit 2009 liegt es in der Hand von Lorenz Stiftl. Es empfängt Gäste in urig-bayerischer Atmosphäre. Servicekräfte in traditioneller Tracht servieren bayerische Schmankerl aus der hauseigenen Metzgerei wie Leberkäs, Fleischpflanzerl, Haxen und Schweinsbraten. Und natürlich steht auch die Weißwurst hier seit eh und je auf der Speisekarte. In dem Gasthaus mit angeschlossener Metzgerei bereitet Andreas Jung sie tagtäglich zu – und weiß um deren besondere Geschichte: 1857 erfindet der Münchner Wirtsmetzger Josef Moser die Weißwurst mehr oder weniger aus der Not heraus: „Er wollte eigentlich Bratwürste machen, hatte jedoch keine Schafsaitlinge mehr. Dann hat er etwas herumprobiert und das Ergebnis war die Weißwurst“, so Andreas Jung.

Andreas Jung arbeitet seit 2011 im „Zum Spöckmeier“. Am Wursten macht ihm am meisten Spaß, dass er dabei seine Ruhe hat und ihn niemand stört. Nach getaner Arbeit genießt auch er gerne die berühmte Weißwurst, natürlich ganz traditionell: „Ich esse sie am liebsten frisch aus dem Kessel raus: in die Hand nehmen, zuzeln und fertig. Dazu gibt es Senf, eine Brezen und Weißbier – dann ist alles gut“, sagt er und lacht.

Original Nürnberger Rostbratwurst: Auf die Größe kommt es an

Sieben Uhr am Morgen – ein Hauch von Majoran liegt in der Luft: Im Keller des „Bratwursthäusle“ in Nürnberg wird bereits seit zwei Stunden fleißig gewurstet. Aus Vorder- und Hinterschinken vom Schwein entstehen hier nach traditioneller Herstellung die weltbekannten Original Nürnberger Rostbratwürste. Im Jahre 1462 wird die besondere Bratwursttradition erstmals erwähnt. Es heißt, die Nürnberger Rostbratwurst sei so klein, damit sie im Mittelalter auch noch nach der Sperrstunde an wursthungrige Kunden durchs Schlüsselloch verkauft werden kann.

Das bestätigt auch Werner Behringer, Senior-Chef des „Bratwursthäusle“: „Typisch ist ihre Größe: sieben bis neun Zentimeter lang und 20 bis 22 Millimeter dick. Produziert in der hauseigenen Metzgerei, werden die Würste auf die insgesamt drei Lokale der Familie Behringer verteilt: das „Bratwursthäusle“, das „Bratwurstglöcklein“ und das „Goldene Posthorn“. „Unsere Familie ist seit vier Generationen in der Gastronomie tätig“, sagt Werner Behringer. „Jeder hat sein Aufgabengebiet. Hin und wieder herrscht Diskussionsbedarf, doch der Junior hat mittlerweile das letzte Wort: Die Übergabe an die nächste Generation ist quasi schon erfolgt.“

Um zehn Uhr öffnen die Bratwurst-Restaurants im Herzen Nürnbergs ihre Türen. Werner Behringer leitet den Betrieb seit Anfang der 1960er Jahre. Sein Sohn Kai ist seit 27 Jahren mit an Bord. Gemeinsam mit 30 Angestellten verwöhnen Vater und Sohn hier zahlreiche Gäste von nah und fern mit Variationen von der Rostbratwurst. „Traditionell werden die Bratwürste mitten im Restaurant auf dem offenen Buchenholzgrill gegrillt und anschließend auf handgegossenen Zinntellern serviert“, erklärt Kai Behringer. Wahlweise gibt es die Bratwürstchen auch als „Blaue Zipfel“ oder geräuchert – jeder mag sie anders, das ist reine Geschmackssache.

Regensburger Wurst: würzig, rauchig, unwiderstehlich

Im Zentrum der Regensburger Altstadt witzelt Würstlwender Wilhelm Reisinger mit seinen Gästen. „Ich bin gerne mit Menschen zusammen und ratsche und blödle mit ihnen herum. Wenn ich Spaß an der Arbeit habe, merkt das auch der Kunde“, ist der 47-Jährige überzeugt.

Wilhelm Reisinger nimmt eine Original Regensburger vom Rost und legt sie in eine aufgeschnittene Semmel. Es duftet würzig und rauchig. Um 1955 wird die heute legendäre Regensburger „Knackersemmel mit Allem“ erfunden – das Steckenpferd der Wurstbraterei. „Die Knacker sind geräuchert. Dazu kommen dann noch Meerrettich, süßer Senf und Essiggurken“, erklärt er. Eine Leckerei mit Suchtpotenzial. Auf seinem Grill landen neben der Original Regensburger auch Putenknacker, Brat- und Currywürste und sogar gebratene Weißwürste. Das könnten viele Münchner nicht nachvollziehen, so der Familienvater schmunzelnd.

2011 übernimmt der Elektroinstallateur-Meister zusammen mit seiner Frau den mobilen Wurststand am Neupfarrplatz – und betreibt diesen nun in der vierten Generation. Die Geschichte der „Wurstbraterei Reisinger“ beginnt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als der Urgroßvater 1946 den Familienbetrieb eröffnet.

Nur vier Gehminuten entfernt, neben der Steinernen Brücke am südlichen Donauufer, findet sich die weltweit älteste Wurstbraterei: die „historische Wurstkuchl“. Schon im Mittelalter stärken sich hier Regensburger Steinmetze, Bau- und Hafenarbeiter mit hausgemachten Bratwürstln aus Hinterschinken vom Schwein. Genau wie früher werden diese auch heute noch auf dem offenen Holzkohlegrill zubereitet und mit hausgemachtem Sauerkraut und Senf serviert – altbewährt, einfach und lecker!

Allgäuer Wild: Delikatesse aus heimischen Wäldern

Anders als Bratwürste, Knacker und Weißwürste, die sich das ganze Jahr über genießen lassen, haben Wildspezialitäten im Herbst Hauptsaison. Zusammen mit Pilzen, Maronen, Apfel und Kürbis lassen sich aus Rehwild, Wildschwein und Co. äußerst schmackhafte Gerichte zaubern.

Mit Wild aus heimischen Wäldern kennt sich Hermann Tauscher bestens aus. 2011 macht sich der Schwabe im Alter von nur 25 Jahren selbständig: Heute betreibt er seine eigene Landwirtschaft. Seine Fleisch- und Wurstwaren sind bei den Gastronomen in der Region sehr gefragt. Der Großteil der Schlachterzeugnisse geht an die Gastronomie und Hotels, das restliche Frischfleisch verkauft er in seinen zwei Läden.

Hermann Tauschers Sortiment ist breit gefächert: Von Schwein und Rind über Schaf und Kalb bis hin zum Ross ist alles dabei. Doch besonders seine Produkte vom heimischen Wild sind bei den Gästen sehr beliebt. „Wild eignet sich hervorragend für die Rohwurstproduktion, da es schon von Natur aus dunkler ist“, so der 32-Jährige. Ob Hirschsalami, Hirschschinken, Hirschlandjäger, Hirschwurzen oder Roh- und Kochsalami-Hirschschinken: Bei Hermann Tauscher kommen Wild-Fans voll auf ihre Kosten.

Das Fleisch dafür bezieht er von sieben Lieferanten aus der näheren Umgebung: „Als Fleischlieferant sollte man einfach das anbieten, was regional verfügbar ist“, findet er. Das Besondere am Allgäuer Wild ist zweifelsohne sein Geschmack: Da es geschossen wird und in der Decke auskühlt, nimmt das Fleisch den Geruch des Tieres auf. „Dadurch erhält es diese unverwechselbare Note, die von Wildkennern geliebt und geschätzt wird.“

Qualität und Regionalität gehen im Freistaat Hand in Hand: Bayerische Wurst- und Fleischspezialitäten verbinden traditionelles Handwerk mit purem Genuss und spiegeln seit jeher ein Stückchen Heimat wider. In Bayern sind Einheimische und Gäste eben auf die Wurst gekommen – Biss für Biss.

Persönliche Tipps von Andreas Jung:
Mir gefällt das Flair am Stachus und Marienplatz besonders gut. Scheint die Sonne, bestellen Sie sich ein paar Weißwürste und lauschen Sie dabei dem Glockenspiel – einfach herrlich. Auch Einkaufsmöglichkeiten gibt es hier zuhauf. Wem es wie mir in der Stadt manchmal zu turbulent wird, dem empfehle ich meine Heimat, das Allgäu. Hier entspanne ich am besten.

Persönliche Tipps von Werner Behringer:
Obwohl Nürnberg immer mehr von kleinen, feinen Küchen besetzt wird, haben wir hier eine ganze Reihe von Gastronomiebetrieben, die noch typisch fränkisch kochen. Auch in der Gegend um Nürnberg, Fürth und Erlangen, wo sich das Knoblauchsland erstreckt, gibt es viele Dörfer, die ein, zwei gute fränkische Wirtshäuser haben – dort lohnt es sich, einzukehren. Einen Besuch wert ist auch die historische Wehrkirche in Kraftshof.

Persönliche Tipps von Wilhelm Reisinger:
Das Schönste in Regensburg sind meiner Meinung nach die vielen kleinen, verwinkelten Gassen. Wer etwas Zeit mitbringt, sollte unbedingt schön langsam durchschlendern: Man entdeckt viele kleine Verstecke und schöne Hinterhöfe – das gefällt mir bei uns am besten.

Persönliche Tipps von Hermann Tauscher:
Bei uns gibt es viel zu entdecken: zum Beispiel die Breitachklamm oder das Fellhorn. Sehr schön ist es am Christlessee. Dort gibt es zwei urige Wirtschaften. Von da aus kann man im Sommer bei einer Tasse Kaffee die wahnsinnig schöne Aussicht genießen.

Bildquelle: Metzgerei Ursula Sedlmayr in Garmisch © www.bayern.by – Tobias Gerber

Leidenschaft für das grüne Gold: Elisabeth Stiglmaier ist Hopfenbotschafterin in der Hallertau. Mit ihr erleben Gäste die besondere Kulturlandschaft hautnah.

17.000 Hektar Fläche, sieben Meter hohe Pflanzen und Hopfengärten, soweit das Auge reicht: Willkommen im größten Hopfenanbaugebiet der Welt. Seit mehr als 1.000 Jahren wird in der Kulturlandschaft Hallertau Hopfen angebaut. Die Traditionen der Region sind geprägt vom grünen Gold und haben ganz Bayern und seine Bierkultur beeinflusst.

Hallertau, Holledau, Elisabeth Stiglmaier, Hopfen-Botschafterin

Mitten im Herzen Bayerns liegt die Kulturlandschaft Hallertau. In der hügeligen und sehr ursprünglichen Region hat der Hopfenanbau Tradition. Gepflanzt in den fruchtbaren Lößboden des tertiären Hügellandes, wird die „bayerischste“ aller Pflanzen kultiviert. Hopfenbotschafterin Elisabeth Stiglmaier bietet in dieser Region Führungen an. Bei ihr erleben Gäste die Geschichte des grünen Golds hautnah. „Ich erzähle ihnen, was der Hopfen für die Hallertau bedeutet und wie er sich im Laufe der Zeit entwickelt hat“, erzählt die Expertin. So stammt das erste schriftliche Dokument über den Hopfenanbau in der Hallertau aus dem Jahr 736.

Hopfen: Reise durch bayerische Geschichte

Damals wird Hopfen nicht nur zum Bierbrauen verwendet, sondern als Heilpflanze eingesetzt. Wegen seiner konservierenden Wirkung nutzen die Menschen ihn als Beruhigungs- oder Abführmittel. Oder sie würzen mit der aromatischen Pflanze ihre Speisen. Erst im Mittelalter mischen sie Hopfen dem Biersud bei. Mit dem Bayerischen Reinheitsgebot im Jahr 1516 wird dieses „Rezept“ offiziell besiegelt: Von da an darf Bier nur noch mit Wasser, Gerste und Hopfen gebraut werden. Diese strenge Regelung gilt bis heute – und hat das bayerische Bier mit seiner herausragenden Qualität in der ganzen Welt berühmt gemacht.

Im 19. Jahrhundert erlebt der Hopfen dank neu erschlossener Verkehrswege und dem Bau der Eisenbahn eine Hochzeit. Seit 1966 ist die Hallertau das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt. Das grüne Gold prägt das Leben und Denken der Menschen, die hier leben. Damals wie heute.Davon zeugen interessante Museen wie das Deutsche Hopfenmuseum in Wolnzach und

das Hallertauer Heimat- und Hopfenmuseum Mainburg sowie zahlreiche Brauereien. Doch nicht nur beim Bier hat sich das grüne Gold bewährt. Mittlerweile wird es auch für Tee, Pralinen oder im Wellness-Bereich verwendet – und ist dabei immer stärker im Kommen.

Kulturlandschaft Hallertau: Bayerischen Hopfen riechen, tasten, schmecken

Dass die Tradition des Hopfens erhalten bleibt, dafür sorgen viele Bauernhöfe der Region Hallertau, die ihn nach wie vor anbauen. Einer davon ist der Jungbauernhof von Elisabeth Stiglmaier im ostbayerischen Attenhofen. Hier duftet es blumig und grasig: Über dem gesamten Hof hängt ein würziger, anregender Geruch. „Nehmen Sie einen tiefen Atemzug“, sagt die Bier-Sommelière und lächelt wissend.

Elisabeth Stiglmaier ist eine von 16 Hopfenbotschafterinnen in der Hallertau. Mit spannenden Zeitreisen, authentischen Geschichten, vielen Tipps und der Liebe zu dem grünen Gold gibt sie das Wissen über die Hopfenpflanze und die besondere Kulturlandschaft der Hallertau ihren Gästen weiter.

Dabei ist ihre Aufgabe viel mehr als nur Imagepflege für die Region: Es ist die Leidenschaft von Elisabeth Stiglmaier für Hopfensorten, Aromen und Geschmäcker, mit der sie die Besucher in ihren Bann zieht. Die 54-Jährige lässt sie tief in die Welt und Geschichte des Hopfens eintauchen.

Damit vermittelt sie genau das, was den Charme der Hallertau ausmacht: die seit Jahrhunderten gewachsene Kultur, das authentische Gemeinschaftsgefühl und die ursprüngliche Natürlichkeit des faszinierenden Hopfenanbaugebiets. Damit sich alle in der Hallertau „dahoam“ fühlen und ein wichtiges Stück bayerischer Geschichte selbst riechen, tasten und schmecken.

Persönliche Tipps von Elisabeth Stiglmaier:

  • Hundertwasser Turm: Er ist das Wahrzeichen der bekannten Kuchlbauer-Brauerei in Abendsberg. Im Jahre 1999 entwirft der renommierte Künstler Friedensreich Hundertwasser die Vorlage für dieses 35 Meter hohe architektonische Werk. Runde Formen, bunte Farben: Der Turm verbindet Baukunst mit Braukunst – einer jahrhundertealten Tradition in der Hallertau, die noch lange erhalten bleiben soll.
  • Kloster Weltenburg am Donaudurchbruch
  • Befreiungshalle Kehlheim
  • Deutsches Hopfenmuseum in Wolnzach

Bildquelle: Hallertau, Holledau, Elisabeth Stiglmaier, Hopfen-Botschafterin

Bayerisches Lebensgefühl frei Haus – die by.TM (BAYERN TOURISMUS Marketing ) geht in seiner Dachmarkenstrategie „traditionell anders“ einen Schritt weiter. Über eine Shop-In-Shop-Kooperation mit dem Bavariashop können Interessierte unter www.bavariashop.de/bayern-shop hochwertige Erzeugnisse „made in Bavaria“ ordern, die allesamt einem „traditionell anderen“ Gedanken entspringen. Ob Kulinarisches oder Handwerk – hinter den Produkten der Kampagnenpersönlichkeiten stecken neben Qualität und Brauchtum schöne Geschichten, die Bayerns ganz eigene Identität mitgestalten.

Heiland Liqueur
Foto © Gert Krautbauer, www.krautbauer.net

Gipfelkreuze von Mamma Bavaria

„Ein Stück Bayern zum Dabeihaben“ – das ist das Credo von Florian Weidlich, der mit der aussagekräftigen Marke „Mamma Bavaria“ nicht nur nachhaltige und moderne Trachtenmode, sondern auch Schmuck und Accessoires an Liebhaber eines individuellen und doch traditionellen Styles bringt. Vor allem ist der Rosenheimer für seine Gipfelkreuze bekannt, die er zusammen mit Goldschmiedin Nadja Krebs entwirft. Über den Bayern-Shop sind die Gipfelkreuze des Chiemgauer Heubergs und des Wendelsteins im Mangfallgebirge für jeweils 150 Euro bestellbar. Die 4,5 Zentimeter großen, in Handarbeit hergestellten Exemplare sind aus 925 Sterlingsilber gefertigt und hängen an einem größenverstellbaren Lederband. Weidlichs Kunden schätzen vor allem die Botschaft, die über das Sinnbild beeindruckender bayerischer Berge hinausgeht. „Jeder Bergsteiger hat seine eigenen Ziele, also ganz eigene Gipfel im Leben, für die unsere Arbeiten auch stehen“, erklärt der Jungunternehmer.

www.bavariashop.de/p/gipfelkreuz-heuberg-bs-01370 und www.bavariashop.de/p/gipfelkreuz-wendelstein-bs-01371

Heiland Bier-Likör

Ein Spirituosen-Klassiker erfährt eine Renaissance. Die Zwillingsbrüder Stefan und Max Hofstetter sowie ihr Freund Kay Thieme wagten 2013 eine spannende Mischung: Sie nahmen als Basis Likör und versetzten ihn mit bayerischem Doppelbock. Ein Jahr später waren sich die nebenberuflichen Barkeeper dann einig. Genau diese Mischung aus Zucker, eingelegten Gewürzen, erhitztem Rum und reduziertem Münchner Doppelbockbier soll es sein. Ehrfürchtig nannten sie ihre Kreation „HEILAND Doppelbockliqueur“. Seither hat sich die Spirituose in ihrer stylischen Aufmachung in Form einer Apotheker-Flasche in der Münchner Bar-Szene einen festen Platz gesichert. Aber auch in Kiel, Berlin, Frankfurt oder Stuttgart ist die milde 22-Volumenprozent-Köstlichkeit bereits in Geschäften zu finden. Ein Tipp von Kay Thieme: „Je kälter man den ‚Heiland‘ trinkt, umso mehr schmeckt man die Bieraromen; je wärmer man ihn trinkt, umso mehr kommen die ätherischen Öle des Alkohols durch.“ Eine Halbliter-Flasche ist über den Webshop für 25,90 Euro zu haben. www.bavariashop.de/p/heiland-bierliqueur-0-5l-bs-01315

„Der Wilde“, „Der Franke“, „Der Held“

Jung, euphorisch und voller Ideen – so bezeichnet Andi Weigand das Familien-Weingut im fränkischen Iphofen, das bereits von seinen Großeltern betrieben wurde. Die Reben erntet er per Hand, für die Lagerung benutzt er überwiegend Holz- anstatt Edelstahlfässer, wie vor 70 Jahren. Gleichzeitig bringt der 26-Jährige viel frischen Wind in den Betrieb. Zum Beispiel sind die Weine frei von Zusatzstoffen. Im Auftritt gibt sich die Marke stilvoll und clean. Genau in dieser Kombination aus alten Techniken mit immer wieder zeitgemäßen Ideen sieht der studierte Winzer sein Geheimrezept für seine erstklassigen Produktlinien. „Die Wilden“ sind die Weine für den alltäglichen Trinkgenuss und reichen von Weißburgunder über Rosé bis hin zu Riesling. Bocksbeutel und Silvaner sind gleichermaßen typisch für die Region und werden in Kombination als „Die Franken“ mit Trauben von der Iphöfer Kalb und dem Julius Echter Berg verkauft. Mit „den Helden“ erwarten Liebhaber die außergewöhnlichsten Tropfen eines jeden Jahrgangs. Eine Auswahl der Weine des „wilden Winzers“ wird in Kürze über den Webshop ab 8,50 Euro pro Flasche erhältlich sein. https://www.bavariashop.de/p/2017-wildwildwhite-trocken-weingut-weigand-bs-01418?sPartner=traditionell-anders

Stein Bierkrug „Leo“

Nicht unter den „traditionell anders“-Geschichten zu finden, dafür höchstselbst vom Team der by.TM mitentworfen, steht der graue Bierkrug „Leo“ für die bayerische Gemütlichkeit. Dabei passt nicht nur der Stein, der das Nationalgetränk bereits seit dem 15. Jahrhundert besonders lang kühl hält, ins bajuwarisches Lebensgefühl. Auch der Löwe, der als Wappentier für die Wittelsbacher 1214 Einzug in die bayerische Symbolik hält, ist als prominente Gravur Teil dieses besonderen Geschenks. Die persönliche Note des grauen Steinkrugs gibt die Möglichkeit einer weiteren individuellen Gravur – ob Name oder Liebesbotschaft. Zu bestellen als Halbliterkrug für 44,95 Euro. www.bavariashop.de/p/stein-bierkrug-leo-mit-gravur-0-5l-bs-01346

Bildquelle: Heiland Gruender © www.bayern.by – Gert Krautbauer

Ludwig II. hinterließ vier beeindruckende Prachtbauten. Wie sehr er die Technik liebte, spiegelt sich unter anderem in seinem Schloss Herrenchiemsee wider.

Visionär König Ludwig II. – Veronika Endlicher © www.bayern.by – Peter von Felbert

Als großer Verehrer Ludwigs XIV. von Frankreich verfolgt der bayerische König Ludwig II. gegen Ende des 19. Jahrhunderts einen Plan: Er will sich sein ganz persönliches Versailles erschaffen. Zeitgleich richten die umliegenden Seegemeinden eine Petition an den König. In dieser fordern sie ihn dazu auf, die Herreninsel vor dem Abholzen zu bewahren. So wird der Monarch auf das Eiland aufmerksam und beschließt: Hier will er sein Schloss nach französischem Vorbild errichten – seinen „Tempel des Ruhms“: Schloss Herrenchiemsee auf der Herreninsel.

Das Bauwerk ist der insgesamt 14. Entwurf, der nach Plänen des Architekten Georg von Dollmann ab 1878 verwirklicht wird. Schloss Herrenchiemsee ist ein Stück Architekturgeschichte, wenngleich es bis heute unvollendet bleibt: 1885 werden die Bauarbeiten eingestellt.

Modernes Schloss Herrenchiemsee: Reise in vergangene Herrschaftszeiten

Veronika Endlicher ist seit 2012 eine von vier Kastellaninnen auf Schloss Herrenchiemsee. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen leitet die studierte Historikerin den Führungsbetrieb und organisiert unter anderem das Personal für die beliebten Schlossführungen. Ihre Begeisterung für alte Herrschaftsbauten begleitet die 38-Jährige schon seit ihrem Geschichtsstudium. An Schloss Herrenchiemsee faszinieren sie besonders dessen komplexe Baugeschichte und die Person Ludwigs II.. Trotz all der Romantik war der bayerische Märchen- und selbsternannte Mondkönig ein Visionär und in vielen Dingen seiner Zeit voraus. Seine innovativen und neuartigen Ideen spiegeln sich auf vielerlei Art in seinen Schlössern wider – auch auf Herrenchiemsee.

Hier reisen Gäste aus nah und fern in eine längst vergangene Zeit: Die Räume sind groß und hoch, das vorwiegend in Gold gehaltene Interieur ist opulent gestaltet. „Schloss Herrenchiemsee ist von den Residenzen Ludwigs II. die prächtigste“, sagt Veronika Endlicher, die hier während ihres Studiums selbst als Schlossführerin gearbeitet hat. Besonders sehenswert sind das Prunktreppenhaus mit seiner Eisen- und Glasdachkonstruktion. Moderne Materialien wie Eisen zu verwenden, ist für damalige Schlösser relativ neu. Zudem gibt Ludwig II. spezielle Anlagen in Auftrag, die das Wasser sowie die Räume im Gebäudeinneren beheizen. Selbst der Speisetisch des Königs ist mechanisch betrieben: Das sogenannte Tischlein-deck-dich ist versenkbar und ermöglicht es ihm einst, seine Mahlzeiten ohne Bedienung einzunehmen. Der prunkvolle Spiegelsaal ist mit absenkbaren Lüstern ausgestattet. Herrenchiemsee ist genau wie seine Vorgänger Neuschwanstein und Linderhof ein modernes Märchenschloss voll technischer Raffinesse.

Ludwig II. – innovativ, fortschrittlich, revolutionär

Die beeindruckenden Prachtbauten Ludwigs II. prägen das Bild Bayerns in der Welt und sind magischer Anziehungspunkt für Einheimische und Gäste. In die Liste der traumhaften Schlösser reihen sich auch einige nicht verwirklichte Projekte ein: So bleiben der Byzantinische Palast und der Chinesische Sommerpalast nur ein Traum. Burg Falkenstein lässt sich heute immerhin als Ruine besuchen: Auf ihrem Fundament will der Monarch eine romantische Märchenburg im Stile Neuschwansteins errichten. Ihr erster Entwurf ist architektonisch jedoch nicht realisierbar.

Die technische Verspieltheit Ludwigs II. zeigt sich nicht nur in seinen Bauwerken: Mit einer Flugmaschine, dem Pfauenwagen, will der König über den Alpsee bei Schloss Hohenschwangau fliegen. Doch auch dieses Vorhaben kann aus technischen Gründen nicht verwirklicht werden. Anders der vergoldete Prunkschlitten – das erste Fahrzeug überhaupt, das mit einer batteriebetriebenen Glühbirne beleuchtet wird. Diesen können Gäste im Marstallmuseum in Schloss Nymphenburg begutachten.

„Was ihn ebenfalls als Visionär auszeichnet, ist die Förderung der Technik“, weiß Veronika Endlicher. So gründet der König zum Beispiel das Polytechnikum in München und fördert mit seinen – für die damalige Zeit modernen – Projekten die Elektrotechnik. „Er hatte bestimmte Ideen und hat sich die neueste Technik zur Hilfe genommen, um diese umzusetzen“, sagt die Kastellanin.

Persönliche Tipps von Veronika Endlicher:
Das ist die schwierigste Frage, denn da könnte ich nun zwei Stunden erzählen. Wir leben in einer Region, die von vielen Bergen umgeben ist. Wer hierher kommt, muss das alles einmal von oben gesehen haben. Wer einen schönen Ausblick auf den Chiemgau und den Chiemsee haben möchte, kann eine der zahlreichen Bergbahnen rund um den Chiemsee nutzen, zum Beispiel die Kampenwandbahn oder die Hochries-, Hochfelln- oder Hochplattenbahn. Sehr sehenswert ist das größte Hochmoor Südostbayerns, die Kendlmühlfilzen. Vom Museum „Salz und Moor“ aus – gelegen zwischen Rottau und Grassau – bieten sich wunderschöne Spaziergänge durch das Moor an. Zu besichtigen ist auch der Torfbahnhof bei Rottau. Beide Museen informieren über die Geschichte der Kendlmühlfilzen und den Lebensraum Moor. Direkt am Chiemsee in Übersee/Feldwies befindet sich außerdem das Exter Künstlerhaus. Obendrein gibt es unwahrscheinlich viele kleine, nette Orte und Städte wie Traunstein und Rosenheim. In Traunstein gibt es jedes Jahr am Ostermontag den traditionellen Georgiritt, das ist wirklich schön. Auch die Märkte und Feste in Traunstein sind einen Besuch wert.

Bildquelle: Visionär König Ludwig II. – Veronika Endlicher © www.bayern.by – Peter von Felbert

Mittelalterfest seit mehr als 100 Jahren: Auf dem Burgfest in Burghausen begeben sich Einheimische und Besucher auf eine spannende Reise in die Vergangenheit.

Handwerksleute, Gaukler und Blaublüter – sie alle drängt es von der Altstadt hinauf zu einer schmalen Bergzunge, die einen unvergleichlichen Panorama-Blick in die Naturidylle Oberbayerns bietet. Eingebettet zwischen dem Wöhrsee und der Salzach erstrecken sich hier die Mauern der längsten Burg der Welt: der Burg zu Burghausen.

Burgfest Burghausen © Herzogstadt Burghausen

Wir schreiben das Jahr 1516: Herzog Wilhelm IV. beehrt die Stadt Burghausen. Die Regierung heißt den vornehmen Gast feierlich willkommen und richtet ihm zu Ehren ein großes Fest aus. Fanfarenbläser spielen auf. Mit festlichen Klängen begleiten sie die mittelalterlich gekleidete Menschenschar aus Tausenden Personen. Lagergruppen am historischen Markt weisen den Weg zur Hauptburg. Der Pulverdampf abgeschossener Kanonen liegt in der Luft. Damals wie heute: Die Stadt Burghausen feiert Burgfest – eine der fünf größten historischen Veranstaltungen in Europa.

Mittelalterfest Burghausen: von Angesicht zu Angesicht mit Rittern und Burgdamen

Immer am zweiten Wochenende im Juli lädt der Verein „Herzogstadt Burghausen“ für drei Tage zum historischen Burgfest ein. „Die 1.500 Personen, die beim Umzug mitwirken, sind gleichzeitig auch als Akteure am Fest beteiligt und erwecken dieses zum Leben. Wir spielen die damalige Zeit so authentisch wie möglich nach“, erklärt Heinz Donner, erster Vorstand des Vereins. Die mehr als einen Kilometer lange Burganlage ist währenddessen in die Zeit des späten Mittelalters und der Renaissance getaucht – bis hin zu Straßenschildern und Mülleimern. Nichts deutet mehr auf das Moderne hin.

Das Mittelalterfest ist seit 1903 feste Tradition in Burghausen: „Die Besucher kriegen alles hautnah erklärt. Selbst Räume der Burg, die sonst nicht zugänglich sind, werden während des Festes geöffnet und von historisch gekleideten Personen bevölkert. So lässt sich Geschichte live erleben“, erzählt Burgherr Heinz Donner. Auch er ist festlich gekleidet: „Ich spiele die Rolle des Vizedoms – des Landeshauptmanns – der Stadt Burghausen.“

Szenetreff Burgfest Burghausen

Es duftet nach Lagerfeuer, Steckerlfisch und Spanferkel. Gegen den Durst werden Met, Wein und ein speziell gebrautes Burgfestbier im Maßkrug ausgeschenkt. Die Stimmung ist ausgelassen, aber friedlich. Groß und Klein von nah und fern genießen unbeschwert das bunte Treiben: Mittelalterliche Musikgruppen und Theaterspieler sorgen auf der großen Bühne auf dem Waffenplatz für abwechslungsreiche Unterhaltung.

Auf dem Mittelaltermarkt bieten Marktfahrer allerlei altertümliche Kostbarkeiten wie Schwerter, Ritterhelme, wunderschöne Gewänder, Schmuck und Heilsteine an. Ein Fest ganz im Zeichen des bayerischen Mittelalters – und eine unvergessliche Reise zu einem Szenetreff aus längst vergangenen Zeiten.

Bildquelle: Burgfest Burghausen © Herzogstadt Burghausen

In weniger als fünf Stunden zu Fuß im Orient. Das ist von Garmisch-Partenkirchen aus möglich, wenn man sich auf den 10 Kilometer langen Weg zum Gipfel des Schachens in den Bayerischen Bergen begibt. Bis 3. Oktober lässt sich dort das auf über 1.800 Metern Höhe gelegene Jagdschloss von König Ludwig II. bei täglich angebotenen Führungen bestaunen. Der Aufstieg zum Schachen ist ausschließlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad möglich. Vom Wanderparkplatz bei Schloss Elmau in Garmisch-Partenkirchen beträgt die Gehzeit dreieinhalb bis vier Stunden.

Schachenhaus © Bayern.by-Gert Krautbauer

Der Aufstieg lohnt sich, denn Wanderer erwartet neben einer Welt aus tausendundeiner Nacht und einem atemberaubenden Panoramablick über das Wettersteingebirge zudem die Hüttenwirtin Marianne Leitenbauer vom Schachenhaus, die die Gäste mit bayerischen Schmankerl verwöhnt.

Herrschaftliches im Wettersteingebirge

Der Schachen liegt im oberbayerischen Wettersteingebirge und birgt auf dem Gipfel ein kleines Juwel: das Jagdschloss am Schachen. Verglichen mit den anderen Bauten Ludwig II. wirkt das Domizil auf den ersten Blick schlicht und bescheiden. Doch was sich im Inneren verbirgt, kann man sich von außen nur schwer vorstellen: Goldverzierte Wände, ein Springbrunnen mitten im Raum, bunte Fenster, Pfauenfedern und mächtige Kronleuchter schmücken das Obergeschoss – den „Türkischen Saal“. König Ludwig II. hat sich seine Vision von tausendundeiner Nacht mitten in den Bayerischen Bergen verwirklichen lassen. Vom Zeitpunkt der Fertigstellung 1872 an verbringt der Märchenkönig seinen Geburts- und Namenstag am 25. August auf dem Schachen und genießt die Natur der Nördlichen Kalkalpen. Noch heute wird dieser Tag jedes Jahr gefeiert: Damals wie heute werden am Vortag Feuer entzündet und am Geburtstag eine Messe sowie ein Fest gefeiert.

Gemütliche Einkehr – das Schachenhaus

Das Schachenhaus liegt nur wenige Meter unterhalb des Königsschlosses und dient zu König Ludwigs Zeiten seinen Angestellten als Koch- und Schlafplatz. Heute verwöhnt die Wirtin Marianne Leitenbauer Wanderer nach dem Aufstieg. Sie betreibt die Berghütte seit 12 Jahren: „Es war schon immer ein Traum von mir, in einer Hütte zu arbeiten.“ Und mit dem Schachenhaus hat sie einen wahren Glücksgriff gemacht: „Wo haben Sie so etwas schon: einen Arbeitsplatz, an dem Sie mit vielen verschiedenen Leuten reden können, wunderbare Sonnenaufgänge erleben und prächtige Blumen sehen?“, schwärmt die gelernte Einzelhandelskauffrau. Umgeben von einer urigen Einrichtung mit viel Holz erleben Gäste bayerische Gemütlichkeit und genießen Spezialitäten wie die selbstgemachten Brat- und Käsewürste, Fleisch von eigenem Ochsen bis hin zu Lamm und Kasspatzen. Wer die malerische Umgebung des Naturschutzgebiets Schachen noch etwas länger genießen möchte, macht es sich in einem der Schlafzimmer oder im Übernachtungslager des Schachenhauses gemütlich.

Exotische Pflanzenvielfalt im Wettersteingebirge

Direkt neben dem Königshaus von Ludwig II. erwartet die Besucher des Schachens ein weiteres Highlight: der botanische Alpengarten, welcher als Außenstation des Botanischen Garten Münchens 1901 eröffnet wurde. Auf Grund seiner Lage auf 1.860 Metern Höhe wachsen hier über 1.000 Pflanzenarten aus den verschiedensten Hochgebirgen, von den heimischen Alpen bis zum fernen Himalaya. Zwei Hektar beeindruckende Flora erwarten den Gast – „vor allem Mitte Juli, wenn alles blüht“, schwärmt Marianne Leitenbauer und gibt noch weitere Tipps für die Region: „Sind Sie königstreu, besuchen Sie das Schloss Linderhof. Interessant ist auch das Skistadion mit der Schanze. Besteigen Sie den Wank, den Esterberg oder schauen Sie sich die Alpspitze an – wir haben viele Bergwirtschaften, zu denen Sie wandern können. Und Garmisch-Partenkirchen hat eine wunderschöne Altstadt mit alten Häusern.“

Informationen zum Schachenhaus und weitere traditionell andere Geschichten aus Bayern unter www.bayern.by/traditionell-anders
Weitere Übernachtungsmöglichkeit in Garmisch-Patenkirchen www.bayern.by/reisen/sightsleeping-hotel-quartier/

Bildquelle: Schachenhaus © Bayern.by-Gert Krautbauer